Die Feiertage in Deutschland stehen plötzlich zur Debatte – und das sorgt für hitzige Diskussionen quer durchs Land. Politiker und Wirtschaftsvertreter fordern mehr Arbeitszeit, um die schwächelnde Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Dabei geraten ausgerechnet liebgewonnene freie Tage ins Visier. Drei Feiertage sollen nach Ansicht mancher Entscheider gestrichen werden – angeblich, um Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.
Feiertage Deutschland: Müssen wir wirklich mehr arbeiten?
Immer wieder taucht dieselbe Frage auf: Arbeiten die Deutschen genug? Viele Wirtschaftsvertreter sagen klar Nein. Vergleiche mit anderen Ländern werden gezogen, Tabellen bemüht, Zahlen präsentiert. Tatsächlich zeigen Statistiken, dass Arbeitnehmer in Deutschland im Jahr 2023 1.343 Stunden gearbeitet haben – deutlich weniger als in Österreich, der Schweiz oder Italien. Dort liegen die Jahresarbeitszeiten zwischen 92 und 391 Stunden höher.
Das Argument: Wer weniger arbeitet, produziert weniger. Und weil Deutschland zusätzlich viele freie Tage hat, müsse sich das ändern.
Nicola Leibinger-Kammüller, Chefin des Hightech-Unternehmens Trumpf, brachte es kürzlich auf den Punkt. Deutschland verfüge über ungewöhnlich viele freie Tage im Jahr und gleichzeitig über eine hohe Zahl an Krankmeldungen. Ihr Vorschlag: den Ostermontag streichen. Eine Aussage, die polarisiert – aber in der Wirtschaft offene Ohren findet.
Auch Bertram Brossardt, Geschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, schloss sich an. Im Frühjahr 2025 sprach er sich in einem Interview für eine Reduzierung kirchlicher Feiertage aus. Laut seiner Ansicht sei es kaum nachvollziehbar, dass in Deutschland an Tagen wie dem Ostermontag oder Pfingstmontag die Arbeit ruhe, während Nachbarländer längst wieder produzieren.
Die Debatte hat Fahrt aufgenommen – und sie spaltet das Land. Zwischen Produktivität und Erholung, zwischen Wirtschaftsdruck und Lebensqualität.
Welche Feiertage auf der Kippe stehen
Drei Tage stehen besonders im Fokus der Diskussion. Brossardt nennt sie offen als mögliche Streichkandidaten:
- Ostermontag
- Pfingstmontag
- Zweiter Weihnachtsfeiertag (26. Dezember)
Sein Argument: Diese Feiertage seien aus kirchlicher Tradition entstanden, hätten aber kaum noch gesellschaftliche Bedeutung. Ein Wegfall eines einzigen Tages könnte Milliarden ins Bruttoinlandsprodukt spülen. Das Institut der deutschen Wirtschaft schätzt den Zugewinn auf 5 bis 8,6 Milliarden Euro jährlich.
Auch andere Wirtschaftsvertreter schlagen in dieselbe Kerbe.
- Peter Adrian, Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), will den Pfingstmontag streichen.
- Clemens Fuest, Präsident des ifo-Instituts, sieht im Feiertagsverzicht eine Notwendigkeit, um mehr Mittel für Verteidigung und Infrastruktur freizumachen.
- Moritz Schularick, Chef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, fordert gleich zwei Feiertage weniger.
Sogar aus der Politik kamen Vorschläge: Gitta Connemann (CDU), Mittelstandsbeauftragte der Bundesregierung, brachte die Abschaffung des Reformationstags ins Gespräch. Der Gedanke: Weniger Pausen, mehr Leistung.
Doch längst nicht alle stimmen zu. Der Deutsche Gewerkschaftsbund Bayern hält dagegen – und zwar mit einem völlig anderen Ansatz. Statt Feiertage zu streichen, will man verlorene freie Tage nachholen, wenn sie auf ein Wochenende fallen. So soll verhindert werden, dass Millionen Beschäftigte leer ausgehen.
Der DGB verweist auf Vorbilder: Großbritannien, die USA, Polen und über 85 weitere Länder, in denen Feiertage automatisch auf den nächsten Werktag verschoben werden. Eine Regelung, die hierzulande bisher fehlt.
Feiertage Deutschland: Warum die Umsetzung schwierig wäre
Selbst wenn sich die Wirtschaft einig wäre – politisch bleibt der Weg steinig. Denn Feiertage sind Ländersache. Jedes Bundesland entscheidet selbst, welche Tage arbeitsfrei sind. Bayern hat mehr, Berlin weniger. Die Spanne reicht von 14 Feiertagen in Augsburg (mit dem Friedensfest) bis zu 10 in Hamburg, Bremen oder Hessen.
Eine bundesweite Regelung wäre also nur mit Zustimmung aller Länder möglich – und die gilt als unwahrscheinlich. Der Föderalismus schützt die regionalen Feiertage, die tief im kulturellen Selbstverständnis verankert sind.
Hier ein Überblick, wie unterschiedlich die Lage tatsächlich ist:
- Augsburg (Bayern): 14 Feiertage
- Bayern: 13 Feiertage
- Baden-Württemberg & Saarland: 12 Feiertage
- Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Thüringen: 11 Feiertage
- Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein: 10 Feiertage
Das zeigt, wie ungleich das Land schon heute ist. Während der Süden zusätzliche kirchliche Feiertage feiert, arbeiten andere Regionen regulär. Der Widerstand gegen eine Streichung wäre dementsprechend heftig – vor allem in katholischen Bundesländern, in denen Tage wie Mariä Himmelfahrt tief im Kalender verankert sind.
Hinzu kommt: Die Streichung eines Feiertags bedeutet keine automatische Mehrarbeit. Viele Tarifverträge müssten neu verhandelt werden, manche Branchen würden Überstunden abbauen, statt mehr zu leisten. Der vermeintliche Wirtschaftsboost könnte also verpuffen.
Neue Ideen: Ein Feiertag statt weniger
Während einige über Streichungen reden, schlagen andere das Gegenteil vor – nämlich einen zusätzlichen Feiertag. Der Berliner Bischof Christian Stäblein regte an, den 9. November als Gedenktag einzuführen. Das Datum steht für mehrere bedeutende Ereignisse: den Mauerfall 1989, die Reichspogromnacht 1938, aber auch die Ausrufung der Republik 1918. Ein Tag, der Deutschlands Geschichte wie kaum ein anderer spiegelt.
Andere Länder zeigen, dass Anpassungen tatsächlich möglich sind. Dänemark zum Beispiel hat 2024 einen Feiertag gestrichen, um den Staatshaushalt zu entlasten. Etwa 400 Millionen Euro sollten so eingespart werden. Ob das Experiment funktioniert hat, ist noch unklar. Die deutsche Wirtschaft schaut genau hin – mit gemischten Gefühlen.
Der Gedanke bleibt: Feiertage sind mehr als nur Pausen im Arbeitsalltag. Sie sind Teil der Identität, markieren Rituale und Erinnerungen. Wer sie anfasst, greift tief in das Selbstverständnis der Gesellschaft ein.
Fazit: Warum die Diskussion um die Feiertage Deutschland bleibt
Die Debatte um die Feiertage in Deutschland wird nicht so schnell verstummen. Sie berührt zentrale Fragen: Wie viel Arbeit ist genug? Wie viel Erholung brauchen Menschen, um produktiv zu bleiben? Und wie viel Tradition darf Wirtschaft kosten?
Ob Ostermontag, Pfingstmontag oder Reformationstag – jeder dieser Tage steht für mehr als nur Freizeit. Hinter ihnen stecken Geschichte, Kultur, Glaube. Wer sie streichen will, muss mehr erklären als nur Zahlen und Prognosen.
Am Ende geht es nicht nur um volkswirtschaftliche Effizienz, sondern um Lebensrhythmus. Vielleicht ist das die eigentliche Lehre dieser Debatte: Ein Land definiert sich nicht nur durch seine Arbeitsstunden, sondern auch durch die Momente, in denen es innehält.







